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Der Österreichische Cartellverband (ÖCV) und das Mauthausen Gedenken

Der Österreichische Cartellverband (ÖCV) ist eine Vereinigung von 50 katholischen farbentragenden Studentenverbindungen in Österreich mit insgesamt 13.000 Studenten und Akademikern. Gemeinsam haben sie das Bekenntnis zu den vier Prinzipien: Religion, Wissenschaft, Vaterland und Lebensfreundschaft. Für unsere Mitglieder ist die alljährliche Gedenkfeier in Mauthausen eine wichtige Verpflichtung im Gedenken für alle Opfer des Nationalsozialismus.

Viele ÖCVer haben das NS-Regime von Anfang an mit allen Mitteln bekämpft und wurden deshalb von den Nationalsozialisten verfolgt, verhaftet, verurteilt, in Gefängnisse und Konzentrationslager deportiert und ermordet. Unter unseren Opfern finden sich ehemalige christlich-soziale Politiker, Widerstandskämpfer, engagierte katholische Geistliche, die das Regime von der Kanzel bekämpften, und auch Euthanasie-Opfer und Opfer der NS-Rassenpolitik.

In Mauthausen wurden drei Mitglieder des ÖCV ermordet.

Der 29-jährige Wiener Student der Elektrotechnik Ferdinand Habel wurde am 27. September 1939 in das KZ Mauthausen deportiert, wo er im Steinbruch arbeiten musste. Nach vier Monaten in Mauthausen verstarb er an Hungertyphus, laut Augenzeugenberichten ist er schlichtweg verhungert. Verwandte konnten die Leiche von Habel vor der Verbrennung noch sehen und diese berichteten, dass sie ihn nicht mehr wiedererkennen konnten.

Der Tiroler Anwalt Adolf Hörhager war als 55-Jähriger den Strapazen der berüchtigten Steinbrucharbeiten nicht gewachsen, erlitt einen körperlichen Zusammenbruch und konnte nicht mehr zur Arbeit ausrücken. Laut Augenzeugenberichten hat Hörhager gesagt: "Grüß mir meine Familie, vor allem meine gute Frau! Ich sag‘ für alles "Vergelt’s Gott" und werde sie nicht vergessen bis zum großen Wiedersehen. Und dann grüß mir die Freunde alle, auch die von der Austria, [Anm.: der Austria Innsbruck, seiner ÖCV-Verbindung] und sag‘ ihnen, dass ich gestorben bin als treuer Christ und als ein guter Österreicher." Laut Totenbuch des KZ Mauthausen ist er im Februar 1940 an "Grippe, Herz- und Kreislaufschwäche" verstorben.

Am Karfreitag 1944 wurde der 54-jährige oberösterreichische Priester Johann Gruber im KZ Gusen mit Stacheldraht von den SS-Wachen gegeißelt, durch 17 Bajonettstiche schwer verwundet und vom Lagerkommandanten mit den Worten, "Du sollst verrecken wie dein Meister!", solange malträtiert, bis er starb. Sein Leichnam wurde daraufhin an einen Baum gehängt, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Als seine letzten Worte wurden überliefert: "Der Krieg ist sowieso für euch verloren" bzw. "Danke mein Gott."

Diese drei Mitglieder unseres Verbandes, ein Student, ein Anwalt und ein Priester sollen uns immer an alle Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes erinnern und stehen stellvertretend für alle Opfer. 

Als gläubige Christen haben wir ÖCVer immer das Prinzip der Hoffnung als einen Teil unser Glaubensüberzeugung vor Augen. Deshalb wollen wir an das Schicksal eines der bedeutendsten Nachkriegspolitikers Österreichs und überzeugten ÖCVers Leopold Figl in den Jahren 1944 und 1945 erinnern. Figl wurde, in Folge des Hitlerattentats vom 20. Juli 1944, am 8. Oktober erneut verhaftetet und zuerst ins KZ Mauthausen deportiert. Allerdings wurde er am 21. Januar 1945 ins Landesgericht Wien überstellt, wo er vor dem Volksgerichtshof wegen Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Als sich Anfang April 1945 die Deutsche Wehrmacht aus Wien zurückzog und die sowjetischen Truppen heranrückten, konnte Figl am Nachmittag des 6. April das Landesgericht verlassen.

Das Überleben Leopold Figls ermöglichte es überhaupt, dass er einer der Baumeister der Zweiten Republik werden konnte. Wer kann sich die ersten Jahre nach dem Zweiten Krieg bis zum Staatsvertrag 1955 ohne sein entschlossenes Handeln vorstellen. Gerade dieses Handeln war vom legendären "Geist der Lagerstraße" zur Zusammenarbeit mit den ehemaligen politischen Gegnern in der Österreichischen Sozialdemokratie geprägt. Leopold Figl war 1944/45 in Mauthausen als Häftling und hatte mehrfach zahlreiche Schutzengeln, dass er nicht in den letzten Monaten des Regimes den nationalsozialistischen Mördern noch zum Opfer gefallen ist. An seine Haft in Mauthausen erinnert auch eine Gedenkskulptur in der KZ-Gedenkstätte.

Weitere Informationen zum ÖCV: www.oecv.at